Mit Endless Space 2 setzt Amplitude Studios die erfolgreiche 4X-Reihe im Weltall fort. Kolonisierung, Forschung, Diplomatie und Krieg verschmelzen zu einem komplexen Strategiespiel, das deine volle Aufmerksamkeit fordert.
Acht Fraktionen, acht Wege zum Sieg
Du steuerst eines von acht vorgefertigten Völkern mit individuellen Fähigkeiten. Die Sophons setzen auf Wissenschaft, während die insektoiden Craver alles überrennen, was sich ihnen in den Weg stellt. United Empire, ein Menschheit-Imperium auf Konzernbasis, vertraut auf Expansion durch Wirtschaft und Kontrolle.
Jede Rasse in Endless Space 2 bringt einzigartige Boni, Raumflotten und kulturelle Eigenheiten mit. Entsprechend unterschiedlich verlaufen die Spielverläufe. Die Planeten sind in verschiedene Klimazonen unterteilt – von Ozeanwunderwelten bis hin zu brodelnden Lavakugeln.

Forschung in einem visuellen Technologiebaum
Der Forschungsbereich ist in vier Hauptzweige gegliedert: Wirtschaft, Wissenschaft, Militär und Entwicklung. Die Darstellung erfolgt in Form eines radförmigen Tech-Trees. Neue Schiffsklassen, diplomatische Optionen oder Ressourcenverbesserungen entspringen diesem Forschungsrad. Allerdings bleibt der Einstieg eine Hürde: Das Tutorial erklärt wenig und lässt gerade Anfänger schnell im Dunkeln.
Die Erkundung der Galaxie in Endless Space 2
Du verlässt deine Heimatwelt, um unerforschte Sternensysteme zu besiedeln. Doch nicht jede Technologie steht sofort zur Verfügung. Du musst dich spezialisieren. Diese Spezialisierung hängt von den Stärken deiner Fraktion ab. Nur wer sich fokussiert, besteht gegen die Konkurrenz.
Politik: Fraktionen im inneren Machtkampf
Politik bringt Tiefe ins Spiel. Du errichtest Außenposten und Kolonien, sicherst sie gegen Piraten und andere Spieler. Jede Kolonie erweitert deinen Einflussbereich. Gleichzeitig buhlen im Inneren deines Reiches politische Fraktionen wie Militaristen, Pazifisten oder Industralisten um die Kontrolle.

Technologien beeinflussen, welche Fraktionen gestärkt werden. Diese wiederum ermöglichen dir den Erlass bestimmter Gesetze, die Boni bringen – etwa bei der Wirtschaft oder im Militär. Alle paar Runden finden Wahlen statt, bei denen sich das Kräfteverhältnis verschieben kann.
Einzigartige Fraktionsmechaniken
Jede Fraktion in Endless Space 2 bringt nicht nur andere Boni mit, sondern komplett eigene Spielsysteme. Die Unfallen etwa vernetzen Systeme mit lebendigen Ranken, anstatt klassische Raumschiffe zu nutzen. Die Riftborn stammen aus einer anderen Dimension und erschaffen neue Bürger künstlich – ein radikaler Gegensatz zur organischen Bevölkerung anderer Fraktionen. Diese Spielweisen sorgen dafür, dass sich jede Partie grundlegend anders anfühlt. Die Vielfalt geht weit über optische Unterschiede hinaus und bietet strategische Tiefe.
Politik als strategischer Faktor
Das politische System spielt eine tragende Rolle. Jede Fraktion beherbergt bis zu sechs politische Parteien, etwa Ökologen, Militaristen, Wissenschaftler oder Religiöse. Ihre Stärke wächst dynamisch, abhängig von deinen Entscheidungen und Forschungen. Gewonnene Wahlen ermöglichen dir den Erlass von Gesetzen, die deinem Reich gezielte Boni verschaffen. Dieses System sorgt für eine ständige Balance zwischen langfristiger Planung und kurzfristigem Krisenmanagement.
Visuelle Präsentation und Klangkulisse
Amplitude Studios liefert ein Spiel mit starker Ästhetik. Galaxien wirken lebendig, jede Fraktion hat ihren eigenen visuellen Stil. Die Zwischensequenzen der Diplomatie beeindrucken mit aufwendiger Inszenierung. Der Soundtrack unterstreicht die epische Weite des Spiels mit sphärischen Kompositionen, die nicht ablenken, sondern tragen. Auch kleine Details, wie die Gestaltung von Forschungssymbolen oder Flottenanimationen, zeigen Liebe zum Design.
Grafik – Stil trifft auf Übersicht
Die visuelle Umsetzung von Endless Space 2 beeindruckt mit einem klaren, futuristischen Stil. Die Galaxie wirkt lebendig, mit Sternensystemen, die sich organisch in den Weltraum einfügen. Jede Fraktion besitzt ein eigenes visuelles Design, das ihre Ideologie und Herkunft widerspiegelt. Ob die düsteren Schiffe der Craver oder die eleganten Raumstationen der Sophons – Design und Atmosphäre gehen Hand in Hand. Auch das Interface punktet mit Übersichtlichkeit, trotz des komplexen Umfangs. Tooltips und visuelle Marker helfen dabei, den Überblick über Forschung, Expansion und Flottenbewegungen zu behalten.
Sound und Musik – Raumklang mit Tiefgang
Der Soundtrack stammt vom französischen Komponisten FlybyNo, der bereits Endless Legend und Dungeon of the Endless musikalisch geprägt hat. In Endless Space 2 entfaltet er ruhige, elektronische Klanglandschaften, die das Gefühl von Isolation und Größe des Weltraums unterstreichen. Jeder Fraktion ist ein eigenes musikalisches Thema gewidmet, das subtil zwischen Menüs und Spielwelt wechselt. Soundeffekte sind klar, aber nie aufdringlich. Schusswechsel, Antriebssounds und diplomatische Gespräche ergänzen das audiovisuelle Erlebnis, ohne es zu überfrachten.
Story – Kosmische Konflikte mit Fraktionstiefe
Anders als viele andere 4X-Spiele verknüpft Endless Space 2 die Fraktionen mit individuellen Story-Kampagnen. Jede Partei verfolgt eine eigene Agenda, die in Form von Quests und Ereignissen erzählt wird. Diese Entscheidungen beeinflussen nicht nur das Spielgeschehen, sondern auch den Verlauf der Geschichte. Die Lore des Endless-Universums wird so Stück für Stück enthüllt – von den Ursprüngen der Craver bis zur Philosophie der Harmony. Die galaktische Bühne bietet Raum für persönliche Geschichten, philosophische Fragen und politische Intrigen. Damit hebt sich Endless Space 2 in Sachen Storytelling klar vom Genre-Durchschnitt ab.
Diplomatie mit Luft nach oben
Trotz der gelungenen Inszenierung bleibt die Diplomatie in Endless Space 2 spielerisch schwach. Verhandlungen wirken oft unklar, Angebote schwer durchschaubar. Die künstliche Intelligenz agiert unberechenbar – mal großzügig, mal absurd fordernd. Hier verschenkt das Spiel Potenzial. Die Oberfläche zur Diplomatie wirkt zudem überladen, was besonders bei größeren Imperien unübersichtlich wird.
Lernkurve und Tutorial
Das Tutorial in Endless Space 2 ist umfangreicher als im ersten Teil, doch es bleibt ein Balanceakt. Neue Spieler erhalten grundlegende Informationen, werden aber in vielen Feinheiten allein gelassen. Die schiere Komplexität des Spiels fordert selbst erfahrene Strategen. Ein besser geführter Einstieg mit mehr Kontext zur langfristigen Strategie hätte dem Spiel gutgetan.
Kolonisierung – Expansion mit Strategie
Die Kolonisierung in Endless Space 2 ist mehr als reines Landnehmen. Jeder Planetentyp bringt eigene Vor- und Nachteile mit sich. Tropenwelten liefern Nahrung, Lava-Planeten eher Industrie. Je nach Fraktion und Forschung musst du genau abwägen, welche Systeme du zuerst beanspruchst. Außenposten entwickeln sich über mehrere Runden zu vollwertigen Kolonien – werden sie vorher durch andere Fraktionen sabotiert, ist der Aufwand verloren. Die Besiedlung ist also ein Wettlauf mit der Zeit und verlangt strategisches Vorausplanen.
Forschung – Der Schlüssel zur Macht
Das kreisförmige Forschungsrad unterteilt sich in vier Hauptbereiche: Militär, Wissenschaft, Entwicklung und Wirtschaft. Jeder Bereich bietet verzweigte Technologiepfade, die neue Gebäude, Einheiten und Gesetze freischalten. Viele Technologien stärken gleichzeitig politische Fraktionen – wer also Militär erforscht, stärkt die Militaristen im Senat. Eine gezielte Spezialisierung ist notwendig, um langfristig zu überleben. Blindes Forschen führt schnell zu strategischen Sackgassen.
Diplomatie – Reden ist nicht immer Gold
Die diplomatischen Optionen reichen von Allianzen und Handelsverträgen bis hin zu Spionage und Kriegserklärungen. Doch obwohl die Möglichkeiten umfangreich wirken, bleibt die Umsetzung schwach. Andere Fraktionen reagieren oft unlogisch, Gespräche enden abrupt oder bringen wenig nachvollziehbare Ergebnisse. Wer den diplomatischen Weg sucht, muss Geduld mitbringen – und die Grenzen des Systems akzeptieren. Ein klareres Feedback und gezieltere Steuerung hätten der Diplomatie gutgetan.
Krieg – Taktik im Orbit
Kämpfe in Endless Space 2 finden rundenbasiert statt, werden aber in Echtzeit visualisiert. Du wählst vorab eine Strategie und überlässt dann deiner Flotte das Gefecht. Die Kommandophase erlaubt taktische Feinabstimmung – etwa den Fokus auf Langstreckenwaffen oder Verteidigung. Schiffsdesign spielt dabei eine zentrale Rolle. Durch Module und Ausrüstung kannst du deine Flotten an den Gegner anpassen. Schlachten entscheiden nicht nur über Territorium, sondern auch über die politische Ausrichtung deines Volkes – ein verlorenes Gefecht kann die Pazifisten stärken, ein Sieg die Militaristen in den Senat hieven.
Fazit: Ambitioniert, aber nicht perfekt
Endless Space 2 ist ein strategisches Schwergewicht, das sich Zeit nimmt – sowohl beim Spielen als auch beim Verstehen. Amplitude Studios liefert ein detailverliebtes 4X-Spiel, das optisch wie akustisch überzeugt und durch eine klare Identität im Sci-Fi-Genre glänzt. Die acht Fraktionen spielen sich grundverschieden und fordern dich auf, immer wieder neue Wege zur galaktischen Dominanz zu erkunden. Besonders gelungen ist die Art und Weise, wie politische Systeme, Fraktionsquests und Storyelemente ineinandergreifen – ein seltenes Highlight im Genre.
Doch nicht alles läuft rund im Universum. Die Diplomatie wirkt oft aufgesetzt und inkonsistent, die Benutzeroberfläche ist stellenweise überladen, und der Einstieg bleibt trotz besserem Tutorial schwer zugänglich. Wer neu im Genre ist, wird überfordert. Wer jedoch Geduld und Lernfreude mitbringt, erlebt ein Strategiespiel, das sich tief in die Galaxie eingräbt und mit jeder Runde mehr belohnt.
Vor allem Veteranen von Civilization, Stellaris oder Galactic Civilizations finden hier ein Spiel, das bekannte Konzepte mit frischen Ideen kombiniert – sei es durch das innovative Tech-Rad, die modulare Schiffsentwicklung oder das fraktionsbasierte Politiksystem. Auch die Präsentation sticht hervor: Musik, Interface und visuelle Darstellung erzeugen eine dichte, glaubwürdige Science-Fiction-Welt, die über viele Stunden fesselt.
Endless Space 2 ist kein Spiel für zwischendurch – es verlangt Zeit, Aufmerksamkeit und Planung. Dafür belohnt es mit epischen Geschichten, taktischer Tiefe und dem wohl schönsten Kolonialisierungsspielraum der Galaxis. Kein perfektes Spiel, aber eines, das sich zu spielen lohnt – immer wieder.
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Originally posted 2021-10-06 13:57:00.