In Beholder: Blissful Sleep von Warm Lamp Games, kehrst du zurück in die düstere Welt des totalitären Staates – diesmal in der Rolle von Hector Medina, dem Vorgänger des Protagonisten aus dem Hauptspiel. Der DLC erzählt die Geschichte eines Mannes, der nach Jahren loyaler Pflichterfüllung plötzlich zur Belastung wird. Sein Vergehen? Er wird 85 – das gesetzlich festgelegte Todesalter.
Die Uhr tickt in Blissful Sleep
Du hast nur wenig Zeit. Der Countdown bis zu deinem Ablaufdatum läuft. In dieser Zeit musst du Aufgaben erfüllen, Befehle ausführen und gleichzeitig entscheiden, wie du mit deinem eigenen Schicksal umgehst. Rettest du dich? Oder setzt du deine letzten Tage dafür ein, anderen zu helfen? Die Entscheidungen wiegen schwerer als im Hauptspiel, denn es geht nicht mehr nur um Macht – es geht ums Lebensende.

Fokussierter und emotionaler
Im Gegensatz zum Hauptspiel konzentriert sich Blissful Sleep auf eine kleinere, klar definierte Gruppe von Mietern. Das ermöglicht intensivere Beziehungen, mehr Emotion und spürbarere Konsequenzen. Jeder Charakter hat eine Geschichte, die über einfache Klischees hinausgeht. Besonders eine streunende Katze bringt überraschend viel Menschlichkeit in die kalte Spielwelt.
Gameplay bleibt bekannt
Mechanisch ändert sich in Beholder: Blissful Sleep wenig: Du überwachst, dokumentierst, durchschnüffelst. Doch der neue Kontext gibt dem Spielprinzip mehr Gewicht. Der Druck ist greifbarer, der moralische Zwiespalt unmittelbarer. Auch hier gilt: Kleine Fehler können tödlich enden – für dich oder andere. Die Spielzeit ist kürzer, dafür verdichteter und intensiver.
Atmosphäre und Brüche
Die düstere Präsentation bleibt erhalten, doch tonal bleibt der DLC nicht frei von Widersprüchen. Manche humorvollen oder zynischen Szenen stehen im Kontrast zum sonst ernsten Thema. Trotzdem gelingt es dem DLC besser als dem Hauptspiel, eine durchgängig glaubwürdige Stimmung zu erzeugen.

Keine neuen Mechaniken – Altbekanntes Spielgefühl
Blissful Sleep bietet keine spielerischen Neuerungen. Die Abläufe bleiben identisch mit denen des Hauptspiels: Wohnungen durchsuchen, Bewohner überwachen, Berichte schreiben. Wer gehofft hat, dass der DLC frische Gameplay-Ideen einführt oder die Mechanik erweitert, wird enttäuscht. Das macht die Erweiterung vor allem für erfahrene Spieler vorhersehbar – und an manchen Stellen etwas zäh.
Hector bleibt distanziert
Im Gegensatz zu Carl aus dem Hauptspiel hat Hector keine Familie, für die er Verantwortung trägt. Diese emotionale Leere spiegelt sich im Spiel wider. Zwar wirkt er pflichtbewusst, doch fehlen die inneren Konflikte, die Carl so greifbar gemacht haben. Das macht moralische Entscheidungen im DLC weniger wirkungsvoll – du spielst eher für dich selbst als für andere.
Kaum Dringlichkeit spürbar
Obwohl dir nur zwei Wochen bleiben, um dein gesetzlich festgelegtes Todesdatum zu umgehen, kommt kaum Zeitdruck auf. Die Aufgaben sind wie gewohnt strukturiert, Entscheidungen lassen sich in Ruhe treffen. Das Gefühl, gegen die Uhr zu arbeiten, fehlt weitgehend – was den potenziellen Nervenkitzel der Prämisse abschwächt.
Wiedersehen ohne Abwechslung
Die Umgebung ist exakt dieselbe wie im Hauptspiel. Du bewegst dich durch das bekannte Mehrfamilienhaus, siehst dieselben Räume, dieselben Flure. Ohne visuelle oder strukturelle Veränderungen entsteht schnell das Gefühl eines Aufgusses. Spieler, die das Hauptspiel intensiv erlebt haben, vermissen hier neue Schauplätze oder visuelle Impulse.
Übersetzungsprobleme bleiben
Die englische Fassung leidet weiterhin unter sprachlichen Fehlern. Falsche Pronomen oder missverständliche Formulierungen können zu Fehlentscheidungen führen – mit Konsequenzen, die du eigentlich vermeiden wolltest. Diese Unschärfen in der Lokalisierung waren schon im Hauptspiel präsent und wurden im DLC leider nicht behoben.
Geringer Wiederspielwert
Auch Blissful Sleep bietet kaum Anreize für mehrere Durchläufe. Die Handlungsstränge sind klar, die möglichen Enden begrenzt. Überraschungen oder versteckte Inhalte sucht man vergeblich. Damit bleibt der DLC vor allem eine einmalige Erfahrung – lohnend für Fans, aber ohne langfristigen Reiz.
Fazit
Blissful Sleep ist mehr als nur ein Zusatz. Es ist eine eigenständige, fokussierte Erweiterung, die Beholder inhaltlich vertieft und emotional bereichert. Wer das Hauptspiel mochte, findet hier das bessere narrative Gleichgewicht. Wer es nicht mochte, könnte hier den Zugang zur düsteren Welt finden.